28. SONNTAG im Jahreskreis

Evangelium: Lk 17, 11-19

Wenn man sieht, wie Menschen unter Krankheiten, körperlichen Gebrechen und Schmerzen leiden, dauernd zum Arzt gehen müssen oder immer wieder im Spital landen.... dann muss man dankbar sein für jeden Morgen, an dem man gesund aufsteht und sich abends ins Bett legt. Wir haben viele Gründe zur Dankbarkeit, ja dafür, dass wir überhaupt da sind. Wie oft sagen wir das Gott? Habe ich Gott schon dafür gedankt, dass es mir gut geht?

Diese Frage stellt Jesus uns heute. Der Anlass ist seine Begegnung mit zehn Aussätzigen. Ob das nun Lepra-Kranken waren, oder Menschen mit Hautkrankheiten ist nicht so klar. Auf jeden Fall hatten sie ein furchtbares Leben. Sie mussten jeden Kontakt mit Gesunden vermeiden, schon von weitem rufen „Unrein, unrein!“. Sie waren isoliert, ausgestoßen aus der Gesellschaft, die sich gegen Ansteckung schütze wollte. Darüber hinaus galt damals auch die Überzeugung: Ihre Krankheit war eine Strafe Gottes. Sie waren also gebrandmarkte Menschen. Und wenn einer meinte, es ginge ihm besser und er wäre praktisch geheilt - was natürlich nicht so oft vorkam, denn man hatte keine Mittel, keine Medikamente gegen diese Krankheit - musste er sich den Priestern zeigen und die entschieden dann, ob sie wieder in die Gesellschaft, wieder ins Leben, zurückkehren durften. Das war die Situation.

Nun begegnen zehn solcher Menschen Jesus. Sie blieben in gehörigem Abstand stehen und riefen laut: »Jesus! Herr! Hab Erbarmen mit uns!“ In den zehn Aussätzigen ist noch so viel an Lebenswillen und Lebendigkeit, dass sie nicht aufgeben, um ihr Leben zu kämpfen. Sie müssen schon von ihm gehört haben, sie nennen ihn sogar „Herr“ (was ein besonderer Titel war) und rechnen damit, dass er ihnen helfen kann. Und nun kommt das Überraschende: Jesus tut nichts, sagt nichts um sie zu heilen, sondern sie sollen sich den Priestern zeigen. Wozu? Das hat doch keinen Sinn! Sie sind noch krank! Aber sie tun es tatsächlich. Ist ihr Vertrauen zu Jesus so groß? Oder halten sie sich in ihrer Verzweiflung wie an einem Strohhalm fest?

„Und während sie zu den Priestern gingen, wurden sie rein.“ Das wird fast so nebenbei gesagt. Es ist, als ob der Evangelist Lukas mit dieser Erzählung nicht eine Wunderheilung beschreiben will. Es geht ihm um etwas anderes. In den Evangelien wird bei etwa 30 Heilungswundern berichtet, dass Jesus heilt: Blinde, Taubstumme, Gelähmte, Aussätzige und auch schwer seelisch Erkrankte. Sogar die Gegner von Jesus können das nicht leugnen. Aber sie interpretieren diese Heilungen so, dass dieser Jesus einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hätte: „Mit Hilfe von Beelzebub treibt er die bösen Geister aus“, sagen sie. Mit den Heilungen will Jesus demonstrieren, dass das Reich Gottes wirklich anbricht, dass Gott wirklich im Leben der Menschen wirksam wird und zwar heilsam. Und das ist auch in der heutigen Erzählung der Fall.

Alle zehn werden geheilt. Unbeschreiblich große Freude. Aber neun von ihnen bringen das nicht mit Jesus und mit Gott in Verbindung. Das tut nur einer, der zu Jesus zurückkehrt, sich vor ihm niederwirft, was man in der jüdischen Vorstellung nur vor Gott tut. Für ihn ist diese Heilung eine Gottesbegegnung und zwar in der Person von Jesus. Der biblische Glaube ist überzeugt, dass Heilung, wie das Leben überhaupt, nur von Gott kommen kann. Nicht Jesus, sondern Gott heilt. In Jesus wirkt Gott. Und zu diesem Mann sagt Jesus: „Dein Glaube hat dir geholfen.“ Die Ausrichtung deines Glaubens auf mich wird dir immer helfen. Geh! Du wirst Heil erfahren, sofern du meine Wege gehst, wie ich sie dir vorschlage.

In dir, Jesus, wirkt Gott. Durch dich kommt Heil in die Welt und zu den Menschen. Die Bereitschaft, sich weiterhin von Jesus bestimmen zu lassen, drückt der Samaritaner aus mit seinem sich Niederwerfen vor Jesus. Die zentrale Botschaft dieser Erzählung ist nicht die Heilung, sondern der Glaube und die Dankbarkeit.

In unseren ausweglosesten Situationen, im Gefühl, ausgestoßen oder am Ende zu sein, bei dem Gedanken „Gott hat mich verlassen, er ist mir fern“ dürfen und sollen wir uns an Jesus wenden. Uns auch im Alltag Jesus zuwenden, nach seinem Willen fragen, uns von ihm ansprechen und senden lassen. Dieser Jesus ist es, durch den das Erbarmen Gottes sich den Menschen zuwendet. Der Glaube an ihn ist heilsam, rettet.

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